Warnung der Klettertechnischen Abteilung (KTA) vor gefährlichem Ringmaterial!

Himmelfahrt 2025 kam es zu einem Vorfall in der Route „Akkupressur“ (XIIa) von Thomas Willenberg an der Riesenechse. Beim Belasten des 3. Ringes (ohne Sturz!) ist dieser am Schaft hinter dem Auge abgebrochen. Da der 2. R eingehängt war (und gehalten hat) ist dem Kletterer zum Glück nichts passiert!

Es ist zwar schon seit Jahren bekannt, dass in vielen Routen von Thomas Willenberg nicht normkonformes Material verschiedenster Art verbaut wurde, allerdings war bisher kein Fall bekannt, bei dem dieses Material tatsächlich versagt hat. Aufgrund der fast ausschließlich hohen Schwierigkeiten der Routen ging man bis dato auch davon aus, dass die Sicherungspunkte schon bei der Erstbegehung einige Stürze halten mussten und so prinzipiell kein unkalkulierbares Risiko darstellen sollten. Der Erstbegeher wurde bereits mehrfach erfolglos darauf hingewiesen, seine Routen zu sanieren und einige lohnende Routen von allgemeinem Interesse haben der SBB oder Freiwillige aus der Kletterszene bereits auf eigene Kosten saniert. Es gibt aber immer noch viele Willenberg-Routen mit nicht normkonformen Sicherungspunkten.

Natürlich muss man sich als SBB hier auch an die eigene Nase fassen, denn eigentlich hätten diese Erstbegehungen damals gar nicht erst anerkannt werden dürfen, fordern die Kletterregeln doch „Ringe […], die in ihrer Festigkeit und ihren Abmessungen den Normen der zuständigen Fachkommission entsprechen“ (siehe auch www.bergsteigerbund.de/verein/arbeitsgruppen/kta/ringe/).

Natürlich haben sich die Ringe über die 150 Jahre Klettern im Elbsandstein immer verändert und entwickelt. Es gab teils Mangel in verschiedenen Dekaden der Geschichte. Manche hatten bessere Beziehungen zu einem Schmied, manche weniger. Die KTA saniert daher seit Jahren alte und schadhafte Ringe (im Schnitt ca. 50 bis 60 Stück pro Jahr). Dies geschieht neben anderen Arbeiten, wie der Installation von nachträglichen Ringen (nR), Abseilösen, Klammern, Nachholösen sowie dem Tauschen von Gipfelbüchern etc.

Natürlich werden vorzüglich Ringe älterer Baujahre, die evtl. schon immer fraglich waren oder über die Zeit abgerostet sind, getauscht. Dabei wird nach Beobachtungen und Schadensmeldungen von Kletterern vorgegangen. Eine systematische Sanierung, z.B. nach Erstbegehungsdatum, ist aus unserer Sicht nicht nötig, da viele Ringe trotz ihres Alters super in Schuss, andere jüngeren Datums aber besorgniserregend sind. Um auf den konkreten Fall an der Riesenechse zurückzukommen: Es handelt sich um eine Erstbegehung von 2013. Vielen Ringen sieht man an, wenn sie schadhaft sind, bzw. wenn sich der tragende Querschnitt durch Abrostung gleichmäßig verringert.

Das Schadensbild des hier betroffenen Ringes zeigt jedoch höchstwahrscheinlich eine Spannungsrisskorrosion an der Stelle, wo der Schaft aus dem Fels ragt. Das Schaftauge war auf den Schaft geschweißt (statt aus einem Stück geschmiedet, wie es bei unseren „genormten“ Ringen der Fall ist). Durch fehlende Nachbehandlung können sich Spannungen im Material durch den Wärmeeinfluss nicht abbauen. Durch die Installation mit dem Hammer kommt zusätzliche Verformung dazu. Diese Spannungen sorgen mit der benötigten Feuchtigkeit für eine beschleunigte inter- oder transkristalline Korrosion.

Dies bedeutet: Unsichtbar von außen (!) frisst sich ein Riss durch den gesamten Querschnitt, bis fast nichts mehr da ist. Und dieser geringe Restquerschnitt (auch im Bild zu erkennen, die kleine längliche blanke Stelle) versagt dann bei kleinster Belastung. Diese Schadensart ist in der Kletterwelt eigentlich eher von Edelstählen mit salzigem Meereswassereinfluss bekannt (Bohrhaken in Sizilien, Sardinien, Thailand,…). Sie ist besonders tückisch, da sie von außen betrachtet nicht zu erkennen ist. Der Ring steckte auch erst ca. 12 Jahre im Fels.

Im Gegensatz zu den Bohrhaken in meeresnahen Sportklettergebieten kommt bei unseren Sicherungspunkten im Elbsandstein das Problem hinzu, dass wir nur wenige davon haben und diese nicht redundant ausgeführt werden (können). Man vertraut den Ringen im Gebirge zu 100%, stürzt hinein oder sitzt mit einer gesamten Seilschaft dran und holt nach! Dies unterstreicht nochmals die Verantwortung von Erstbegehern, ihre Ringe mit größter Sorgfalt und nach allen Regeln der Kunst technisch einwandfrei zu installieren. Zwar kann auch das beste genormte Material fehlerhaft installiert zur Gefahr werden und es gibt bekannte Fälle, wo die minderwertige handwerkliche Umsetzung zu (Beinahe-)Unfällen geführt hat. Uns ist jedoch kein Fall bekannt, bei dem das Material eines Rings versagt hat, welcher zum Zeitpunkt der Installation dem Stand der Technik entsprach! Aus diesem Grund besteht aus unserer Sicht auch keinerlei Grund zur Panik. Dennoch sollte dies jedem eine Warnung sein, unsanierte Routen von Thomas Willenberg mit nicht normkonformen Ringmaterial zu meiden! Wir werden schauen, welche Wege dies konkret betrifft, und den Erstbegeher auffordern, diese zeitnah zu sanieren. Uns ist natürlich bewusst, dass dies durch die teils extremen Schwierigkeitsgrade nur einen kleinen Teil der Kletterszene tangiert. Dennoch sollte uns dieser Vorfall eine eindringliche Warnung sein!

Solltet ihr bei euren Kletterunternehmungen schadhafte Ringe entdecken, so könnt ihr diese über das Meldeformular der KTA online melden (https://bergsteigerbund.de/sbbdb/schaden-melden/). Am besten macht ihr ein Foto, sodass wir einschätzen können, ob es wirklich drängt. Durch die begrenzten Ressourcen an Arbeitskraft kann nicht jeder Ring sofort getauscht werden und die Erfahrung hat gezeigt, dass selbst viele getauschte Ringe doch noch in sehr gutem Zustand waren.

Abschließendes Fazit: Meidet Wege des Erstbegehers Thomas Willenberg mit nicht normkonformem Ringmaterial! Man kann die nicht normkonformen Ringe in der Regel anhand der Form des Schaftkopfes gut von den offiziell von der KTA zugelassenen Sicherungspunkten (Foto rechts) unterscheiden. Speziell bei auf den Schaft geschweißten Köpfen (vergleiche das Foto des Unfallrings oben) ist aus heutiger Sicht Vorsicht geboten.

Habt dennoch Spaß beim Klettern, aber immer ein offenes Auge! Die KTA gibt sich größte Mühe, zumindest die Gefahr durch minderwertige Sicherungs­punkte zu minimieren.

Berg Heil!

Frank Wehner, Leiter der KTA

Michael Scharnweber, Vorstand für Bergsteigen