Nicht erst seit jüngster Zeit werden es immer mehr Aktivurlauber/Bergsteiger, welche Landschaft, Natur und die Berge ohne Massentourismus in ihrer Ursprünglichkeit und in Ruhe zu erleben suchen. Natürlich gibt es noch solche Ziele in den Alpen, aber ein aktiver Bergsteiger erwartet für seine meist knapp bemessene Freizeit eine gewisse Infrastruktur, um seine Bergziele zu erreichen. Das geht natürlich am schnellsten, wenn der Zielort nahe der Autobahn liegt und die ersten tausend Meter Aufstieg mit der Seilbahn überwunden werden können. Dann jedoch hat er nicht die Ruhe einer ursprünglichen Landschaft ohne Massentourismus. Dörfer als Ausgangspunkt für Bergfahrten mit diesen Merkmalen gibt es aber auch. Sie wurden in zurückzurückliegenden Jahrzehnten auf Grund ihrer Infrastruktur daher eher stiefmütterlich betrachtet. Aber seit einigen Jahren werben einige Gemeinden gerade mit dem Potential „sanfter Tourismus“ um die Gunst ihrer Besucher.
Angeregt durch den Österreichischen Alpenverein wird seit 2008 das Prädikat „Bergsteigerdorf“ verliehen. Um den Titel zu erhalten sind enge Vorgaben zu erfüllen. Zum Beispiel:
– alpiner Landschaftscharakter, 1000 Meter Höhenunterschied zwischen Tal und Gipfelniveau
– als Einzeldorf maximal 2500 ständige Einwohner… Der Baustil sollte in sich harmonisch wirken…
– vorteilhaft ist das Vorhandensein von Naturschutzgebieten…
– gute Anbindung an das Netz öffentlicher Verkehrsmittel…
– aktive Wanderer und Bergsteiger als Zielgruppe…
Werden die Bedingungen nicht eingehalten, kann der Titel auch wieder entzogen werden.
Bisher wurden 21 Dörfer, die meisten in Österreich und einige in Deutschland, als Bergsteigerdörfer ausgezeichnet. Das sind beispielsweise: Das Große Walsertal, Ramsau bei Berchtesgaden, Lunz am See, …
Doch auch in weiteren Regionen wurde der Wert des Titels Bergsteigerdorf erkannt. So wollen sich auch Gemeinden in Slowenien und Italien künftig um diesen Titel bewerben.
Mark Zahel, ein profunder Autor zahlreicher Bergbücher, hat alle Bergsteigerdörfer besucht und er stellt sie in einer gelungenen Dokumentation vor, reich bebildert und mit vielen attraktiven Wandervorschlägen ergänzt. Den jeweiligen Wandervorschläge möge man sich jedoch vorab kopieren oder fotografieren, denn ein so gewichtiges Buch nimmt man nicht mit auf die Tour. Als Vorbereitung auf einen Urlaub mit sanftem Tourismus ist das Buch sehr zu empfehlen. Bleibt nur noch eine Frage, ob denn auch in anderen Regionen, abseits der Alpen, wo es auch Bergsteiger/Kletterer gibt, das Prädikat „Bergsteigerdorf“ verliehen werden könnte. Ich denke da zum Beispiel an Schmilka in der Sächsischen Schweiz. Die Bedingungen müssten natürlich angepasst werden (alpiner Landschaftscharakter). Dazu sollten sich Verantwortliche vom Alpenverein und Tourismus mal etwas überlegen.
Falk Große